Sitzen im öffentlichen Raum

Linz, 2013

Während meiner Reisen in Europa, Amerika, Afrika und Asien begegneten mir auf meinen Streifzügen durch die städtischen Metropolen und Landschaften immer wieder die verschiedensten Sitzgelegenheiten. Stühle nicht nur in Cafes, Restaurants und Kaufläden, sondern auch auf der Straße, auf Plätzen, in Parks, im öffentlichen Raum. Die Qualität der Sitzgelegenheiten war vielfältig: Plastik-Stühle, Holz-Stühle, Polster-Stühle, Stühle aus Stein geformt. Es gab Sessel mit und ohne Lehnen, mit Schalensitzen, verstellbaren Rückenteilen, bequeme Stühle und ungemütliche. Und es gab auch Sitzgelegenheiten, die ich auf den ersten Blick als solche gar nicht erkannte. Diese Vielfältigkeit der Eigenschaften führte mich zu Fragestellungen wie zum Beispiel: Welche Art des Sitzens ist darauf möglich? Welchem menschlichen Sitztyp entsprechen sie?

Die meisten Sitzgelegenheiten dienten vor allem dazu, sich kurz niederzulassen, vielleicht den Stadtplan zu studieren, eine Zigarette zu rauchen oder etwas zu trinken, sie entsprachen einem Art „Ausruhtyp“. Aber auch ein sogenannter „Wartetyp“ ist mir als Sitzgelegenheit aufgefallen. Dazu zählten für mich zum Beispiel die Wartebänke an den Haltestellen oder auf den Bahnhöfen, wo das Warten ein notweniges Übel darstellt, das mit dem Platznehmen auf diesen Bänken erträglicher gemacht wird.

Da ich die Sitzgelegenheiten in einem Zustand des „nicht von Menschen besetzt seins“ fotografisch festhielt, war sehr oft ein längerer Warteprozess bis zum Fotografieren erforderlich, weil auf den Sitzgelegenheiten Menschen saßen. Diese mit einem längeren Warteprozess verbundene fotografische Vorgehensweise führte bei mir zwangsläufig zu einer entschleunigenden Wirkung. Der Trubel, der Lärm und die Geschwindigkeit der Realität wich einer angenehmen Ruhe. Und dieses Gefühl des Innehaltens, des Zeithabens repräsentieren für mich die leerstehenden Sitzgelegenheiten, so als ob sie den Betrachter dazu einladen, auf ihnen Platz zu nehmen, um wieder Atem zu holen, um sich wieder neu zu orientieren.

Das Projekt wurde im Rahmen einer Ausstellung in der Galerie Halle Linz (Waltraut Scheutz) im April 2015 präsentiert.